Abzug aus Afghanistan: Der bittere Nachgeschmack

Berlin, 14.04.2021

Vollständige Stellungnahme zum Truppenabzug aus Afghanistan bis September 2021

Einen möglichen Truppenabzug der deutschen Kräfte bewerten wir als Hilfsorganisation für seelisch und körperlich verwundete Einsatzveteranen der Bundeswehr nicht politisch, sondern ausschließlich unter menschlichen Aspekten sowie deren soziale Folgen.

Zehntausende Soldatinnen und Soldaten haben mit schmutzigen Stiefeln, Waffe in der Hand sowie sich zwischen Minen, Beschuss und Hinterhalt bewegend „die Freiheit Deutschlands am Hindukusch“ tapfer verteidigt. Gleichzeitig haben diese, oftmals jahrelang, auf ihr eigenes soziales Leben in der Heimat verzichtet. Diesen Kameradinnen und Kameraden haben wir als Gesellschaft höchsten Respekt zu zollen!

Was bleibt ist ein bitterer Nachgeschmack bei den Hinterbliebenen unserer Gefallenen sowie bei den körperlich und seelisch Verwundeten. Die Frage des „wofür“ verbleibt bei einem Abzug ohne Zielerreichung des Einsatzes bei den Betroffenen dauerhaft und somit endgültig offen. Mit einem Abzug wird für viele körperlich und vor allem seelisch Verwundete der „Krieg“ nicht beendet sowie der Knall des letzten Schusses noch lange nicht verhallt sein. Sie stehen in hoher Anzahl in einem neuen Konflikt: einem jahrelangen „Verwaltungskrieg“ um die Anerkennung Ihrer Verwundung als Wehrdienstbeschädigung mit ihrem ehemaligen Dienstherrn, kämpfen um gesundheitliche Rehabilitation und wirtschaftliche Versorgung. Dies ist ein unwürdiger Zustand. Insofern sehen wir den Abzug aus diesem 20-jährigen Einsatz als eine Chance für die politisch Verantwortlichen, auch diesen Zustand zu beenden und jahrelangen Lippenbekenntnissen nun auch endlich Taten folgen zu lassen. Hier nehmen wir auch die Wehrbeauftragte beim Wort, die erst wieder kürzlich „bessere Hilfen für traumatisierte Soldaten“ forderte. Das BMVg fordern wir auf, nun endlich mit aller Kraft den Paragrafen 31 des Soldatengesetzes (Fürsorgepflicht nach Beendigung der Dienstzeit) mit Instrumentarien zu hinterlegen, die einer Armee im Einsatz und den Menschen die in dieser gedient haben gerecht werden. Hierbei reicht die bisherige Fokussierung auf die „Organisation Bundeswehr“ nicht aus, da sich bedingt durch die Kurzdienersystematik die allerwenigsten Einsatzveteraninnen und -veteranen innerhalb der Bundeswehr befinden. Der bittere Nachgeschmack für die Betroffenen wird vermutlich bleiben, jedoch könnte dieser durch unbürokratische, fürsorgliche und wertschätzende Maßnahmen gelindert werden.“

Bernhard Drescher

Bundesvorsitzender

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